Eine kleine geschichtliche Einführung in die Falknerei
Hochmittelalterliche Blüte
Die Beliebtheit der Beizjagd scheint in Europa seit karolingischer Zeit stark nachgelassen zu haben, erst im Rahmen neuer östlicher Kontakte infolge der Kreuzzüge erlebte sie im Hochmittelalter eine neue Blütezeit und entwickelte sich dabei zu einem Privileg und Statussymbol des Adels.
Die Techniken wurden durch Erfahrungsaustausch mit arabischen Falknern erheblich verfeinert. Kaiser Friedrich II., der in Sizilien leichten Zugang zum arabischen Fachwissen auf diesem Gebiet besaß, führte zum Beispiel die Falkenhaube ein, die bis dahin in Europa noch unbekannt war.
Sein Falkenbuch (De arte venandi cum avibus, deutsch: „Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen“) war der erste Traktat dieser Art in der europäischen Literatur.
Für Friedrich II. war die Falknerei aufgrund der dafür benötigten Kombination aus Willensstärke und Fürsorge eine ideale Vorübung für die Menschenführung. Der ideale Falkner war für ihn der ideale Herrscher. Seine Erkenntnisse konnte Friedrich II. nicht nur auf arabische Quellen, sondern auch auf jahrelange eigene Beobachtung der in seinem Buch behandelten Tiere stützen.
Absolutismus
In Europa hatte diese prestigeträchtige Jagdform eine neuerliche Hochphase im Absolutismus. Sie ist kostspielig und erfordert eine große Anzahl an sehr gut geschultem Personal. Ein großes Falknerkorps war also eine Zeichen von Reichtum und Macht. Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach unterhielt mit 51 Mitarbeitern auf seinem Landsitz Triesdorf bei Ansbach eine der größten Falknereien in ganz Europa.
Falknerei heute
Auch heute noch wird in Europa die Beizjagd betrieben. Eine gewisse wirtschaftlich-technische Bedeutung hat sie auf manchen Flughäfen, wo Falkner an der Vertreibung von Vogelschwärmen arbeiten, die für moderne Flugzeugtriebwerke eine Gefahr darstellen (Vogelschlag, engl. „bird strike“). Um die Falknerei heute in Deutschland zu betreiben, muss man zuerst eine reguläre Jägerprüfung absolvieren und danach einen Falknerjagdschein erwerben, da die Beizjagd dem Jagdrecht unterliegt.
Als Krone dieser Jagdart gilt die Anwartefalknerei, bei der Greifen des hohen Fluges (vornehmlich Wanderfalken) eingesetzt werden, da diese aus dem Sturzflug heraus jagen.
Bei anderen Falkenarten dauert die Ausbildung zur Anwartefalknerei länger und ist schwieriger, da sie nicht auf dem natürlichen Jagdverhalten dieser Greifvögel beruht. Man kann die Anwartefalknerei nur auf Flugwild und dabei auch nur auf solche Vögel betreiben, die sich am Boden, in Büschen oder im Wasser vor Feinden drücken, also bei Anblick von Falke oder Hund unbeweglich verharren. Zu diesen Wildarten zählen zum Beispiel Rebhuhn, Fasan, Wildente und Elster.
Bei der Beizjagd auf Rebhühner und Fasane ist ein guter Vorstehhund unverzichtbar, der das Wild sicher vorstehen (anzeigen) muss. Wenn der Hund also vorsteht, wird dem Falken die Falkenhaube abgenommen und der Falke zum Steigen geworfen. Der Falke ist darauf trainiert, hoch in der Luft (je höher, desto besser, in der Regel 100 bis 200 Meter) genau über dem Falkner anzuwarten. Wenn er nun in einer passenden Position über dem Hund ist, erhält dieser den Befehl einzuspringen und damit das Wild hochzujagen. Der Falke greift sofort an, geht in einen 90 bis 45 Grad Sturzflug über, beschleunigt noch (bis ca. 350 km/h) und legt dabei die Schwingen ganz an den Körper an, bis der Falke fast den Erdboden erreicht hat, dann
öffnet er die Schwingen halb, schwingt sich mit unverminderter Geschwindigkeit in die Flugbahn des verfolgten Vogels ein und schlägt ihn mit den Klauen in der Luft. Ein solcher Stoß hat einen sehr hohen Impuls.
Falkner sind aufgrund des täglichen Umgangs und der Jagd mit dem eigenen Vogel auch Experten in der Pflege und Beurteilung verletzt aufgefundener Greifvögel. Sie können sehr gut einschätzen, ob ein solcher Greifvogel jemals wieder jagdtauglich sein wird und ob eine Chance auf Auswilderung besteht.
Durch die falknerischen Techniken ist er auch in der Lage, einen gesundgepflegten Greifvogel erst einmal in der falknerischen Obhut „probefliegen“ zu lassen, um zu testen, wie gut er sich erholt hat. Eine Freilassung ohne ausreichende Genesung würde unweigerlich den Tod des Vogels zur Folge haben. Mittlerweile betreiben sehr viele Falkner (oder Falkner-Gruppen) Auswilderungsstationen, in denen verletzte Greifvögel gesund gepflegt werden, damit sie wieder in die Freiheit entlassen werden können.
Heute gibt es Falkner, die aufgrund ihrer Erfahrungen im Umgang mit Greifvögeln als erste angefangen haben, die Falken und andere Greifvögel zu züchten. So ist es auch den Falknern und ihren Auswilderungsprogrammen zu verdanken, dass der Wanderfalke wieder zahlreich in der Natur vorkommt. 2004 wurde beispielsweise der 1000ste Wanderfalke vom DFO (Deutscher Falkenorden) ausgewildert, und auch das erste seit 30 Jahren in Dänemark brütende Wanderfalkenpaar stammt aus Auswilderungen des DFO (Weib, weiblicher Greif) bzw. aus einem schwedischen Projekt (Terzel; männlicher Greif), welches eng mit dem DFO zusammenarbeitet.